Früherer Lingener Stadtbaurat Neumann gestorben - Sinn für behutsame Veränderung

Lingener Tagespost - Lokales vom 14.02.2014

Lingen. Was macht einen guten Stadtbaurat aus? Er darf Ecken und Kanten haben, muss auch mal unbequem sein und sollte bei der Gestaltung der Stadt nicht nur den Blickwinkel des Abrissbaggers einnehmen. Nikolaus Neumann war so einer. Der frühere Stadtbaurat in Lingen ist in Oldenburg nach langer Krankheit im Alter von 69 Jahren gestorben.
Neumann hatte 24 Jahre lang an der Spitze der Bauverwaltung im Lingener Rathaus gestanden, von 1976 bis 2000. In dieser Zeit war der gelernte Architekt und Stadtplaner maßgeblich daran beteiligt, die Stadt behutsam in eine moderne Infrastruktur einzubetten, ohne dass sie dabei ihre Identität aufgeben muss.
Sein zentrales Thema waren die Sanierung der Innenstadt, die Positionierung des Marktplatzes als die „gute Stube“ Lingens. Damit verbunden waren die Verbannung der parkenden Autos unter die Erde und der Bau der Fußgängerzone. Dabei war Neumann stets bemüht, die Stadtstruktur und den historischen Kern zu erhalten. Die geschichtliche Entwicklung Lingens sollte weiter ablesbar sein – und zwar an den Gebäuden und nicht in Nachschlagewerken.
Diese Linie verfolgte Neumann konsequent. Als Mitglieder der Lingener CDU ihr Konrad-Adenauer-Haus allzu forsch umgestalten wollten, legte der Stadtbaurat kurzerhand die Bauarbeiten am ehrwürdigen Gebäude still. Seinem hartnäckigen Einsatz für die Erhaltung historischer Bausubstanz ist es ebenfalls mit zu verdanken, dass die Eisenbahnhallen an der Kaiserstraße heute eine Zierde in städtischen Hochglanzprospekten darstellen. Auch an der Entwicklung der Lingener Ortsteile hat Neumann aktiv mitgewirkt.
Der Architekt und Stadtplaner war mit seinem konzept- und weniger projektbezogenem Denken, mit seinem Plädoyer für das Bewahren des Gesichts einer Stadt oft kein einfacher Gesprächspartner. Weder für die ehrenamtlichen Kommunalpolitiker noch für die hauptamtlichen Kollegen im Rathaus. Und so mancher Häuslebauer wird sich über die Gestaltungsvorschriften aus dem Baudezernat auch geärgert haben. Es jedem recht machen zu wollen war seine Sache nicht.
Neben den fachlichen Qualitäten Neumanns bleiben auch die menschlichen in Erinnerung: verbindlich im Ton, nie verletzend, an der Sache orientiert und häufig mit einem spitzbübischen Lächeln den Satz beendend: So wird der 69-Jährige vielen Bürgern in der Stadt Lingen und der Region, die mit ihm zu tun hatten, im Gedächtnis bleiben. (pe)

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Persönliche Anmerkung

Nikolaus Neumann war immer unabhängig, seine Entscheidungen beruhten auf einem festen Fundament aus klaren, fachlich fundierten Vorstellungen über die Entwicklung der Stadt Lingen. Er war deshalb als Stadtbaurat eine ideale Besetzung. Vor allem hat er mich aber als Mensch beeindruckt, der immer gerade heraus, verbindlich, verständnisvoll und unbedingt ehrlich mit Jedermann umging. Mir bleibt er in Erinnerung; als wertvoller Rat- und Ideengeber für einen unerfahrenen jungen Ratsherrn, weit über die Fragen seines städtischen Aufgabenbereiches hinaus.

Jens Beeck