Investieren oder doch mehr sparen? Letzter Schlagabtausch im Finanzausschuss vor der großen Haushaltsdebatte im Lingener Stadtrat

Lingener Tagespost - Lokales vom 04.04.2014

Lingen. Nach hohen Überschüssen in den Jahren 2012 und 2013 im Haushalt müssen Verwaltung und Politik in Lingen sich auf magerere Zeiten einstellen. 2014 wird im derzeit diskutierten Haushaltsentwurf im Ergebnishaushalt mit einem Minus von gut neun Millionen Euro und 2015 mit einem knappen Plus von 6000 Euro gerechnet.
Die letzte Sitzung des Finanzausschusses vor den Haushaltsberatungen im Stadtrat haben die Ratsmitglieder traditionell genutzt, um Änderungs- beziehungsweise Sparvorschläge zu den Verwaltungsvorschlägen einzubringen und die Notwendigkeit einiger Ausgaben zu diskutieren (siehe Infobox auf dieser Seite). Die Mitglieder aller im Rat vertretenen Parteien? Nein, denn die Grünen-Vertreter hatten sich kurz vor Beginn der Osterferien komplett entschuldigt, sodass sich der Ausschuss mit deren eingereichten Änderungsvorschlägen ohne die angekündigten mündlichen Begründungen nicht befassen konnte.

Die Ratsmitglieder beschäftigten sich vor dem Hintergrund erwarteter zurückgehender Steuereinnahmen in den kommenden Jahren vor allem mit möglichen Einsparpotenzialen – und dem von der Verwaltung vorgeschlagenen 80 000-Euro-Kredit an den finanziell angeschlagenen SV Holthausen-Biene.

„Wir sehen den Haushalt mit dem aus der Rücklage ausgleichbaren Defizit als solide an. Wir werden schließlich auch 2014 wieder 14,2 Millionen und 2015 rund 11,2 Millionen Euro in die städtische Infrastruktur investiere“, erklärte der finanzpolitische Sprecher der CDU-Mehrheitsfraktion, Hermann Gebbeken. Bis 2018 seien die Defizite durch die hohen Rücklagen ausgleichbar, und es werde bereits mit geringeren Gewerbesteuereinnahmen geplant. „Und Kreditermächtigungen haben wir schon häufiger erteilt, sie aber nie benötigt. Zudem haben wir in der Krise 2010 bewiesen, dass wir bei plötzlich einbrechenden Einnahmen auch schnell reagieren können.“

Als „nicht am Abgrund stehend“ hatte auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Bernhard Bendick die städtische Finanzlage umschrieben: „In diesem Jahr ist es vielleicht etwas schwieriger, aber wir haben gut gehaushaltet. Wir wollen keinen Kahlschlag.“

Für deutliche Sparmaßnahmen hat sich hingegen Volker Becker von den Bürgernahen ausgesprochen. Ähnlichen Handlungsbedarf sah auch der Liberale Jens Beeck: „Beispiel Park Wilhelmshöhe: Da sehe ich keinen dringenden Investitionsbedarf. Er genügt sicher nicht großen stadtplanerischen Ansprüchen, aber er funktioniert als stadtnahe Erholungsfläche.“ Vor allem bei der Aufgabenkritik – der Überprüfung aller städtischen Aufgaben und Ausgaben – sah Beeck „dringenden“ Handlungsbedarf. In diesen Prozess soll laut dem Ausschussvorsitzenden auch bereits im Mai wieder eingestiegen werden.

Und die 80 000 Euro für den SV Holthausen-Biene? Für die technische Bereitstellung dieses Kredits sprachen sich alle Parteien aus. Über die Modalitäten und Bedingungen bestehe aber noch Beratungsbedarf.

Zuvor hatten die Ausschussmitglieder die Eckwerte für den Doppelhaushalt 2014/15 und die Vorabdotierungen {Mittelbereitstellung für eingegangene langfristige Verpflichtungen wie zum Beispiel Personalaufwendungen; Anm. d. Red.} mit den Stimmen der CDU-Mehrheitsfraktion beschlossen.

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Kommentar der LT:
In welche Richtung?
Rund 20 Millionen Euro Überschuss hat Lingen 2012 und 2013 vor allem dank üppiger Gewerbesteuern erwirtschaftet. Damit ist die Stadt in einer komfortableren Situation als viele vergleichbare Kommunen. Zudem befindet sich die kommunale Infrastruktur von Kitas, Schulen bis zu Sport- und Kultureinrichtungen überwiegend in einem guten bis sehr guten Zustand.

Doch wie sollen diese Überschüsse verwendet werden? Zum Ausgleich der auch aufgrund weiter hoch bleibender Investitionen in die Infrastruktur erwarteten Defizite? Das favorisieren CDU und SPD. Oder sollte vor dem Hintergrund der künftig wohl deutlich geringeren Einnahmen mehr Wert auf eine Entschuldung des „Konzerns Lingen“ gelegt werden? Das fordern Bürgernahe und Liberale.

Erste Vorschläge liegen vor. Auf die weiteren Beratungen und vor allem das Ergebnis der von allen Parteien befürworteten Aufgabenkritik darf man gespannt sein.