Kolpings Rat: Um Bürger verdient machen - Podiumsdiskussion mit Landtagskandidaten in Lünne

Auf großes Interesse stieß die Podiumsdiskussion in Lünne. Eingeladen hatten die Kolpingsfamilien. Das Bild zeigt deren Vertreter und die Kandidaten im Wahlkreis 80. Foto: Thomas Pertz (LT)

Lingener Tagespost - Lokales

Lünne. „Wen sollen wir wählen?“, hat der katholische Priester und Sozialreformer Adolph Kolping Mitte des 19. Jahrhunderts in der von ihm gegründeten Wochenzeitung „Rheinische Volksblätter“ gefragt. Vielleicht hat diese Frage auch zahlreiche Bürger umgetrieben, die Donnerstagabend auf Einladung der Kolpinger in den Saal Wulfekotte in Lünne gekommen waren, um die sechs Kandidaten im Wahlkreis Lingen in einer Podiumsdiskussion zu erleben.

Kolping, der auch journalistisch tätig war und dessen 200. Geburtstag in diesem Jahr Gegenstand zahlreicher Veranstaltungen des Kolpingwerkes sein wird, lieferte seinerzeit die Antwort gleich mit: Gewählt werden sollten „die, die sich um die Bürger verdient machen und nicht um ihre Gehälter“, zitierte Diözesanjugendpräses Daniel Brinker eingangs den Gesellenvater. Ludwig Vehr und Wilfried Ripperda vom Kolpingwerk moderierten den Abend, in dem die Landtagskandidaten Heinz Rolfes (CDU), Andreas Kröger (SPD), Dirk Meyer (FDP), Birgit Kemmer (Bündnis 90/Die Grünen), Karsten Stöber (Die Linke) und Jörg Großmann (Piraten) im Mittelpunkt standen.

Drei Themenblöcke hatten die Kolpinger den Bewerbern zwecks inhaltlicher Ausgestaltung serviert: Familie, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung. Dabei wurde an mehreren Stellen, wie etwa beim Betreuungsgeld, der Verteilung von Landesfördermitteln (Stichwort „Flächenfaktor“) und der Energiewende die Unterschiede zwischen Kandidaten und Parteien deutlich.

Was die Betreuungsplätze anbelangt, sah Birgit Kemmer (Grüne) den Landkreis bereits weit vorangeschritten. Beim weiteren Ausbau sei angesichts zurückgehender Kinderzahlen aber Augenmaß gefordert. Zwiespältig sah sie das Thema Tagesmütter, da die Kräfte zu gering entlohnt und somit bei der Rente benachteiligt würden. Besser sei es, die Zahl der Krippenkinder pro Gruppe zu reduzieren.

Beim Thema Bildung forderte Karsten Stöber mehr Chancengerechtigkeit für sozial schwächere Familien. „In Niedersachsen hängen Bildungschancen sehr stark vom Geldbeutel ab“, so der 24-jährige Kandidat der Partei Die Linke. Nur vier Prozent der Gymnasiasten kämen aus Hartz-IV-Familien. Er sprach sich außerdem für gebührenfreie Kita-Plätze aus und gegen eine schleichende Ausdehnung der Sonntagsarbeit. „Das dürfte auch den Kolpingsfamilien gefallen“, meinte der Student.

In den Statements von Heinz Rolfes blitzte immer wieder die Erfahrung aus nunmehr 18-jähriger parlamentarischer Arbeit im Landtag durch. Dem Emsland gingen fast acht Millionen Euro verloren, sollte der Flächenfaktor verändert werden, wie von der Landes-SPD ins Auge gefasst. Die Gestaltung des demografischen Wandels sei eine der zentralen Aufgaben der Zukunft. „Wir stellen uns dieser Aufgabe“, verwies der CDU-Politiker zum Beispiel auf die Bemühungen des Landkreises zur Bindung medizinischer Fachkräfte. Beim Thema Energiewende warnte Rolfes davor, „nicht über Details zu streiten, wenn wir uns in der Generallinie einig sind“. SPD-Kandidat Andreas Kröger sah hier weder auf Landes- noch auf Bundesebene einen Plan.

Ebenso wie Dirk Meyer von der FDP sprach sich der Sozialdemokrat gegen das Betreuungsgeld aus. „Das ist so, als ob wir eine Theaterkarte subventionieren und gleichzeitig auch den, der zu Hause bleibt und Fernsehen schaut“. Das Geld solle zielgerichteter in den Ausbau der Betreuungsplätze gesteckt werden. Zum Thema Flächenfaktor merkte Kröger an, dass das Emsland nicht durch diese Finanzzuweisungen stark geworden sei, sondern zum Beispiel durch seine mittelständischen Betriebe.

Kritik übte Dirk Meyer für die FDP an der Befreiung großer Unternehmen an den Kosten der Energiewende. Der Liberale sprach sich für die Beibehaltung der Studiengebühren aus. „Ist es sozial ungerecht, wenn die zukünftig Besserverdienenden einen bescheidenen Beitrag zu ihrer Ausbildung beitragen?“, fragte Meyer.

Pirat Jörg Großmann forderte mehr Bürgerbeteiligung bei politischen Entscheidungsprozessen. Ebenso wie Kemmer, Kröger und Stöber lehnte auch Großmann die Fracking-Methode zur Gasförderung, die insbesondere in Lünne diskutiert wird, ab.