LWT zahlte Prämien trotz Fehlbetrags - Personalkosten „extrem hoch“

Lingener Tagespost - Lokales

Lingen. Noch ist kein Gras über die angespannte Finanzlage des LWT (Lingen Wirtschaft und Tourismus) gewachsen. Das wurde im Verlauf der jüngsten Sitzung des Lingener Finanzausschusses noch einmal deutlich.
Im Bericht des Rechnungsprüfungsamtes (RPA) zur Jahresrechnung 2010 wird durch einen Wirtschaftsprüfer erklärt, dass der Verein bereits zu diesem Zeitpunkt einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von rund 54 000 Euro aufgewiesen habe und damit „bilanziell überschuldet“ sei. Dazu erklärte das RPA: „Während Material- und Personalaufwand steigen, sind Umsatzerlöse und betriebliche Erträge rückläufig.“
Vor dem Hintergrund der äußerst schwierigen finanziellen Situation sei es nicht nachzuvollziehen, warum der LWT allen Mitarbeitern im Jahre 2010 eine Prämie gezahlt habe, heißt es im Prüfbericht. Die Zahlungen reichten von rund 252 bis zu 957 Euro. Als Begründung seien die Mitarbeitermotivation und eine Erhöhung der erwirtschafteten Erträge, verbunden mit einer Absenkung des städtischen Zuschusses, angeführt worden.
Ungläubiges Kopfschütteln vonseiten der Mitglieder des Finanzausschusses erntete auch die Feststellung des Rechnungsprüfungsamtes, dass laut Protokoll einer Mitgliederversammlung des LWT im Mai 2011 der Vorstand des Vereins von der finanziellen Situation überrascht worden sei. Fazit des
RPA: Es fehlte ein unterjähriges Kontrollsystem.
Offene Fragen
Als „extrem hoch“ wurden seitens des RPA auch die Personalkosten eingestuft. Sie schlugen 2009 bei einem städtischen Zuschuss der Stadt Lingen an den Verein in Höhe von rund 727 000 Euro mit etwa 400 000 Euro und 2010 (Zuschuss der Stadt rund 669 000 Euro) mit über 427 000 Euro zu Buche. Die offene Frage von Kerstin Bartels (RPA) in die Runde: „Kann man sich das leisten?“ blieb unbeantwortet.
Weiteren Angaben zufolge wurden erst im August dieses Jahres die kompletten Finanzen des Vereins durchleuchtet und damit das ganze Ausmaß der finanziellen Schieflage des LWT erfasst: ein Defizit von rund 380 000 Euro (wir berichteten). Als Konsequenz findet jetzt eine monatliche Kontrolle der Ausgaben statt. Außerdem solle im Januar des kommenden Jahres ein Kassensystem im Verkaufsbereich installiert werden, um mögliche Fehlerquellen zu minimieren.
Als „unverständlich“ wertete der Grünen-Ratsherr Michael Fuest die Tatsache, dass anscheinend sämtliche Kontrollmechanismen versagt hätten: „Hat der Vorstand des LWT denn die Kasse nicht gründlich geprüft?“ Wiederum eine Frage, die unbeantwortet blieb.
Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Bernhard Bendick konnte nur noch staunen: „Und ich habe geglaubt, dass der Vorstand dieses Vereins etwas von Wirtschaft versteht.“
Stadtkämmerin Dr. Claudia Haarmann erläuterte dem Ausschuss, dass die Verwaltung die Arbeit des Vereins verstärkt kontrolliere und auch personelle Umbesetzungen in der Diskussion stünden.
Als neue Geschäftsführerin des LWT erklärte dazu gestern Gesche Hagemeier auf Anfrage der LT, dass Vorstand und Verwaltung dem LWT eine personelle Umbesetzung zugesagt hätten, was natürlich auch die Personalkosten entlaste.
Auf die Frage, wo 2012 gespart werden könne, antwortete die Geschäftsführerin, dass unter anderem das Hafenfest und auch die Verleihung des Kabarettpreises „Lingener Theo“ in der Diskussion stünden. „Wir würden die Veranstaltungen natürlich gerne durchführen, aber wir müssen sie auch bezahlen können.“ Dieses zu entscheiden, sei aber letztendlich Sache von Politik und Verwaltung.
Hagemeier: „Wir wollen die Vergangenheit nicht ausblenden, aber wir wollen auch die Chance haben, nach vorne zu schauen, um mit einem reellen Wirtschaftsplan unsere Arbeit machen zu können.“