Mehr Honorar für ExperConsult - Heftige Kritik der Opposition

Lingener Tagespost - Lokales

Lingen. Bei vier Gegenstimmen vonseiten der SPD, der Grünen, der Liberalen Fraktion und der Bürgernahen haben die CDU-Mitglieder des Wirtschafts- und Grundstücksausschusses (WGA) der Stadt Lingen dem Unternehmen ExperConsult Wirtschaftsförderung & Investitionen GmbH eine Honorarerhöhung um 25 000 Euro für das laufende Jahr und 2015 zugebilligt.
Damit bekommt das Dortmunder Unternehmen, das den Auftrag einer erweiterten zielgruppenorientierten Vermarktung des Industrieparks Süd innehat, insgesamt 75 000 Euro – auch im Jahr 2015.

Nach Angaben der Verwaltung arbeitet die Stadt seit mittlerweile zehn Jahren erfolgreich mit dem Beratungshaus zusammen. Allein in den letzten drei Jahren hätten 13 Ansiedlungsanfragen mit einem Investitionsvolumen von 663 Millionen Euro generiert werden können. Der Industriepark behaupte sich bei diesen Anfragen im Wettbewerb gegen andere deutsche, aber auch europäische Angebote und habe sich unter den letzten zur Auswahl stehenden europäischen Standorten bei den Investoren etabliert. Diese Vermarktung gelte es nun fortzusetzen und zu verstärken.

Im Hinblick auf die politisch gewollte Schließung des RWE-Kernkraftwerkes Emsland (KKE) in 2022 sei es das Ziel, Lingen im Verlauf der Energiewende auch weiterhin als „Energy-Valley“ überregional zu präsentieren. Die unternehmerischen Innovations- und Wettbewerbsfähigkeiten sollten gestärkt und die durch die Energiewende betroffenen Unternehmen unterstützt werden. Dafür entstehe ein zusätzlicher finanzieller Aufwand, der über die Erhöhung des Honorars abgefangen werden solle.

Jörg Lennardt, Geschäftsführer ExperConsult, erklärte den Mitgliedern des Ausschusses, dass in Lingen ein Energie-Kompetenzzentrum errichtet werden solle, um sich den zukünftigen Aufgaben stellen zu können. Lennardt machte zudem darauf aufmerksam, dass in den Hochschulen in und um Lingen eine Menge Wissen „produziert“ werde. Ziel des Kompetenzzentrums sei es, dieses Wissen am Standort zu halten, es direkt in die Unternehmen zu transferieren und die Gründung neuer Unternehmen zu unterstützen.

Aber auch der Kontakt zu den Konzernzentralen wie RWE, Areva und BP sei für die Vermarktung des Industrieparks wichtig. Hier könne ExperConsult auf das vom Oberbürgermeister bereits aufgebaute Netzwerk zurückgreifen und darauf aufbauen. Die Gespräche würden von ExperConsult geführt, wobei der OB regelmäßig zu den „Highlight“-Gesprächen eingeladen werde.

„Keinen durchschlagenden Erfolg“ bei der Vermarktung des Industrieparks Lingen-Süd attestierte Michael Fuest (Grüne) dem Geschäftsführer von ExperConsult. „Wo sind denn die neuen Ansiedlungen? Ich sehe hier keinen Durchbruch.“

Leicht „angefressen“ erklärte dazu der Dortmunder, dass etwa die Dralon-Werke nur deshalb jetzt selbst Carbon produzieren wollten, weil zuvor interessierte Japaner abgesprungen seien. „Und bei dieser Ansiedlung der Japaner waren wir dabei – leider ist der Vertrag geplatzt“, erläuterte Lennardt und fragte: „Wollen Sie die Vermarktung alleine bestreiten? Von selbst wird der Park nicht volllaufen.“

Auch Edeltraut Graeßner, SPD, zeigte sich von der Arbeit des Beratungsbüros nicht angetan: „Ich bin schon seit Jahren nicht von Ihrer Arbeit überzeugt und frage mich, ob die Stadt nicht ein anderes Unternehmen mit der Arbeit betreuen sollte.“ Direkt an die Adresse von Lennardt merkte die Sozialdemokratin an, dass er sich in Sachen Dralon und Carbon „nicht mit fremden Federn schmücken“ sollte.

Für die Bürgernahen erklärte Atze Storm, dass man in das Dortmunder Unternehmen in den vergangenen Jahren rund eine halbe Million Euro investiert habe, aber kein Durchbruch zu sehen sei. „Wir sind dafür, dass es eine erfolgsabhängige Bezahlung geben muss.“

In die gleiche Kerbe schlug auch Jens Beeck, Liberale Fraktion. ExperConsult habe anscheinend eine Vielzahl von Unternehmensanfragen gehabt habe, aber: „Sie können aus den vergangenen zehn Jahren nicht eine einzige Ansiedlung vorweisen, die Sie vermittelt haben.“ Und deswegen sei es nicht nur falsch, an dem Unternehmen festzuhalten, sondern es sei zudem völlig irrwitzig, auch noch weitere 25 000 Euro oben draufzusatteln.

Die CDU machte deutlich, dass die Stadt den Industriepark weiter vermarkten müsse, um den Anforderungen der Zukunft begegnen zu können – und stimmte für die Weiterführung des Vertrages zusätzlich besagter Honorarerhöhung.

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Kommentar der LT:

Eine beschämende Vorstellung
Mit der CDU-Mehrheit hat man dem seit zehn Jahren erfolglosen Unternehmen ExperConsult aus Dortmund nicht nur den Vertrag verlängert, sondern auch noch Geld obendrauf gelegt. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Rund eine halbe Million Euro ausgegeben und nix dafür bekommen – außer Absichtserklärungen und viel bunt bedrucktes Papier.

Und dann noch diese oberflächlichen Erklärungen seitens ExperConsult, wie man der Zukunft begegnen wolle: ExperConsult möchte mit den Hochschulen zusammenarbeiten, um das Wissen in der Stadt zu halten; ExperConsult möchte ein Kompetenzzentrum aufbauen, um die Unternehmen am und über den Standort hinaus miteinander zu vernetzen, und nicht zuletzt wird seitens der Dortmunder auch daran gedacht, auf ein bereits bei der Stadt und durch die Stadt erarbeitetes und deponiertes Netzwerk zurückzugreifen. Alles alte Kamellen und Felder, die seit Jahren durch kompetente Partner beackert werden.

Alleine diese Aussagen machen deutlich, wie wenig sich ExperConsult mit der Stadt, ihren Unternehmen, ihren Bildungseinrichtungen und ihren ganz eigenen Anforderungen, die die Zukunft an Lingen richtet, auseinandergesetzt hat. Eine wirklich beschämende Vorstellung, die leider auch noch die Unterstützung der CDU gefunden hat.

Nett ist es aber doch, dass ExperConsult den Oberbürgermeister zu den Highlight-Gesprächen einladen möchte. Liebe ExperConsult: Wir warten seit zehn Jahren auf das Erste.

Es ist an der Zeit, das Unternehmen zu wechseln, ehe noch mehr Geld in des Kaisers neue Kleider gesteckt wird.