Nach 20 Jahren geht Bröring in Ruhestand - Landrat gibt sein Amt im Oktober vorzeitig auf

Lingener Tagespost - Kreis Emsland
Meppen. Nein, mit einem Blick auf seine Armbanduhr wolle er sich nicht fotografieren lassen. Das würden die Medienleute gleich mit dem Zusatz versehen, „dass meine Zeit schon abgelaufen ist, was sie aber erst Ende Oktober sein wird“. Er werde bis zur letzten Stunde arbeiten, so Landrat Hermann Bröring, und alle angefangenen Projekte weiter vorantreiben, denn „bei mir gibt es keinen schleichenden Abgang“.
Von Holger Hartwig - Schleichend abzutreten scheint ebenfalls nicht seine Sache zu sein. Nachdem er in einem Interview mit unserer Zeitung bereits im September 2007 angekündigt hatte, zur Kommunalwahl 2011 vorzeitig Schluss machen zu wollen, machte er diesen Schritt gestern mit einem Schreiben an Innenminister Uwe Schünemann offiziell. Kaum war der Brief unterwegs, rief Bröring die Medien - und Presse, Rundfunk und Fernsehen kamen. Als Grund für seinen Rückzug führte er an, dass es mit 65 Jahren Zeit sei, für einen Nachfolger Platz zu machen.
Selbstbewusst schaute Bröring, der seit 1991 erst als Oberkreisdirektor und später als Landrat die Kreisverwaltung führte, auf seine Leistungen in den 20 Jahren zurück. Es sei zwar nicht der Tag, Revue passieren zu lassen, „was ich so alles bewegt habe“. Aber er könne mit Selbstbewusstsein sagen, das „ich mich unermüdlich für den Ausbau der Infrastruktur eingesetzt habe“. Das gelte nicht nur für die Kombination Straße-Schiene-Wasser, sondern auch für die Bereiche Kinderbetreuung, Bildung und medizinische Versorgung. Ihm falle die Emsvertiefung in den 1990er-Jahren ein, „ohne die es heute die Meyer Werft nicht mehr gebe“, die Rettung des Hümmling-Krankenhauses in Sögel und der Bau der A 31. „Die wäre heute noch nicht fertig, wenn wir nicht im Team damals die Initiative ergriffen hätten.“ Er könne stolz auf eine tolle Zeit zurückschauen, in der „ich gemeinsam mit dem Kreistag, Verwaltung, Wirtschaft und Bürgern viel für das Emsland bewegen konnte“. Er denke „schon jetzt mit Wehmut an den Tag, wenn ich das Kreishaus als Gast und nicht mehr als Chef betrete“. Konkrete Pläne ab November habe er nicht. Es gebe interessante Angebote. Bröring: „Auf jeden Fall werde ich mich ehrenamtlich engagieren, denn das habe ich immer von anderen eingefordert.“ Und schon geht es weiter zum nächsten Termin…

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Kommentar
Zeitenwende
Vom Holger Hartwig - Landrat Hermann Bröring macht Schluss. Die Zeit des Spekulierens, ob er doch nicht loslassen kann und bis 2014 weitermacht, ist vorbei. Er machte gestern aus dem ersten formalen Akt auf dem Weg zu seinem Abschied, dem Brief an den Innenminister, eine mediale Inszenierung. Typisch Bröring. Klappern gehört für ihn seit jeher dazu. Es vermittelt auch einen Ausdruck, welche Bedeutung er sich selbst zuschreibt.
Die Bröring-Herrschaft im Emsland geht nun also im September definitiv zu Ende. Bis dahin wird umfangreich und sicherlich vielfach noch Bilanz gezogen. Fest steht: Es waren 20 erfolgreiche Jahre. 20 Jahre mit optimaler wirtschaftlicher Entwicklung. 20 Jahre, bei denen es an der Sachpolitik wenig bis gar nichts zu kritisieren gab. 20 Jahre, in denen der Christdemokrat mit hohem persönlichen Einsatz agierte.
Für das Emsland wird der Rückzug Brörings eine Zeitenwende. Die Machtfülle, mit der der gebürtige Rheder „durchregiert“ hat, wird sich kein Nachfolger so erarbeiten können. Denn als Bröring anfing, gab es kaum eine Bürgerinitiative, geschweige denn Wählergemeinschaften. Der CDU-Konsens war zugleich der gesellschaftliche Konsens.
Zudem brechen auch im Kreistag andere Zeiten an. Heinrich Hövelmann war als CDU-Fraktionsführer stets das verlässliche Pendant zu Bröring. 40 Jahre hat er die Fraktion straff geführt, für klares Abstimmungsverhalten gesorgt. Auch Hövelmann geht im September.
Nun ist die CDU am Zug. Der Fahrplan steht. Anfang Mai wird - so ist hinter den Kulissen beschlossen - der bisherige Erste Kreisrat Reinhard Winter als Landratskandidat offiziell präsentiert. Eine logische Entscheidung. Er wird als CDU-Mann - an seiner Wahl dürfte niemand ernsthaft zweifeln - die Kontinuität in der Sachpolitik gewährleisten. Eine „Winter-Herrschaft“ wird es dennoch nicht. Denn Winter ist ein anderer Typ - und die Zeit eine andere.

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Kreistag muss noch zustimmen
Für das vorzeitige Ausscheiden als Landrat in der laufenden Amtszeit müssen laut Paragraf 55 der Niedersächsichen Landkreisordnung zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Hermann Bröring muss das 65. Lebensjahr vollendet und das Amt mindestens fünf Jahre seit der letzten Wahl ausgeübt haben. Beide Voraussetzungen sind gegeben. Über den Antrag auf Versetzung in den Ruhestand muss der Innenminister entscheiden . Es handelt sich dabei um eine Ermessensentscheidung, deshalb hat der Minister laut Bröring festgelegt, dass der Kreistag als Dienstherr erklären soll, ob er mit einer Versetzung Brörings in den Ruhestand einverstanden ist. Diese Zustimmung soll in der Kreistagssitzung am 21. März erfolgen. Stimmt der Minister dem Antrag dann zu, muss i nnerhalb von sechs Monaten ein neuer Landrat gewählt werden. Den Termin für die Neuwahl legt ebenfalls der Kreistag fest. Vorgesehen ist, am 21. März einen Beschluss zu fassen, die Landratswahl am Tag der Kommunalwahl am 11. September 2011 vorzunehmen .